Fehlermöglichkeits- und 

Einflussanalyse (FMEA)

Die FMEA ist ein systematisches Qualitätsmanagementwerkzeug, das hauptsächlich in produzierenden Branchen, besonders in der Automobilindustrie sowie der Luft- und Raumfahrt, verwendet wird. Ziel ist es potenzielle Risiken im Zusammenhang mit Produkt- oder Prozessfehlern zu identifizieren und zu mindern. 

Es gibt verschiedene FMEA-Arten, wobei Konstruktions- bzw. Design-FMEA (D-FMEA) und Prozess-FMEA (P-FMEA) am häufigsten Anwendung finden.

D-FMEA

  • Die D-FMEA konzentriert sich auf alle Aspekte des Designs wie z.B. Geometrie, Produktfunktionen und Werkstoff. Potenzielle Fehlerquellen während der Entwicklung bzw. Konstruktion werden identifiziert, priorisiert und durch geeignete Maßnahmen entschärft.


P-FMEA

  • Die P-FMEA fokussiert Herstellung, Montage und logistische Prozesse, die dazu dienen das Produkt gemäß der Spezifikation zu erzeugen. Hier werden potenzielle Prozessabweichungen untersucht und diesen mit entsprechenden Maßnahmen vorgebeugt. 




AIAG/VDA FMEA Handbuch

Der gängige Standard für die Automobilindustrie ist das AIAG/VDA FMEA Handbuch. Hier werden zur Erstellung einer FMEA 7 Schritte definiert, wobei sich das Vorgehen für D-FMEA und P-FMEA nur innerhalb der einzelnen Schritte unterscheidet.

Schritt 1:  Planung und Vorbereitung

Im ersten Schritt wird das zu analysierende Produkt oder der Prozess inklusive der Analysegrenzen festgelegt. Ein interdisziplinäres Team wird gebildet und ein Zeitplan erstellt.

Schritt 2:  Strukturanalyse

Der Betrachtungsumfang wird, i.d.R. als Strukturbaum, grafisch dargestellt. Hierbei wird eine Konstruktion (D-FMEA) oder ein Prozess (P-FMEA) sinnvoll in sogenannte Systemelemente unterteilt.

Schritt 3:  Funktionsanalyse

Den Systemelementen werden Funktionen (bzw. Merkmale) zugeordnet. Kausale Beziehungen zwischen den Funktionen werden durch Linien dargestellt, sodass das sogenannte Funktionsnetz entsteht.

Schritt 4:  Fehleranalyse

Für die Fehleranalyse werden den Funktionen jeweils Fehlfunktionen zugeordnet. Dies kann beispielsweise durch Negation erfolgen. Das Fehlernetz entsteht auch hier indem die kausalen Zusammenhänge zwischen den Fehlern (Fehlerursachen, Fehlerarten und Fehlerfolgen) grafisch dargestellt werden.

Schritt 5:  Risikoanalyse

In diesem Schritt wird der ist-Risikozustand erfasst. Hierzu werden vorhandene Vermeidungs- und Entdeckungsmaßnahmen dokumentiert. Ein Risiko ist anschließend durch eine Fehlerfolgenkette, bestehend aus Fehlerursache, Fehlerart und Fehlerfolge sowie den zugehörigen Vermeidungs- und Entdeckungsmaßnahmen beschrieben. Zur weiteren Beschreibung der jeweiligen Risiken dienen die Variablen B, A und E, die jeweils pro Risiko mit einem Wert von 1 bis 10 beschrieben werden.

  • B: Bedeutung einer Fehlerfolge
  • A: Auftretenswahrscheinlichkeit einer Fehlerursache
  • E : Entdeckungswahrscheinlichkeit einer Fehlerursache und/oder Fehlerart


Eine hohe Zahl steht hier für einen hohen Risikobeitrag. Wenn beispielsweise ein B=10, A=1 und E=9 vorliegt, dann handelt es sich um ein Risiko, bei dem ein Eintreten der Fehlerfolge schwerwiegend wäre (B=10). Die Wahrscheinlichkeit, dass das Risiko aber tatsächlich auftritt ist sehr gering (A=1). Sollte dies dennoch der Fall sein, würde man es aber voraussichtlich auch nicht frühzeitig entdecken (E=9).
Um effizient mit den vorhanden Risiken umgehen zu können wird AP verwendet.

  • AP: Aufgabenpriorität eines Risikos


Die Variablen jedes Risikos (B, A, E) fließen in die AP ein. Jedes Risiko kann anschließend kurz mithilfe der AP als Niedrig (N), Mittel (M) oder Hoch (H) beschrieben werden. 
Beispiel: AP = M

Die Risikoprioritätszahl (RPZ), welche durch Multiplikation von B, A und E gebildet wird, wurde im AIAG/VDA FMEA Handbuch durch die AP ersetzt.


Schritt 6:  Optimierung

Im Rahmen der Optimierung werden weitere Vermeidungs- und Entdeckungsmaßnahmen zur Reduzierung der vorhanden Risiken identifiziert, umgesetzt, dokumentiert und ihre Wirksamkeit bewertet. Es erfolgt eine Neubewertung der Risiken.

Schritt 7:  Dokumentation

Die Ergebnisse der FMEA werden in einem Bericht dokumentiert. Dieser kann sowohl für interne als auch externe Kommunikation verwendet werden.

FMEA und KI

Ein großer Kritikpunkt an FMEA in der Praxis ist der hohe Zeitaufwand bzw. die Bindung von Ressourcen. Die jüngsten Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) lassen darauf schließen, dass sie zeitnah zu einer signifikanten Steigerung der Effizienz von FMEA beitragen wird. Wie genau KI für FMEA am nutzenbringendsten eingesetzt werden kann muss sich noch herauskristallisieren. Im Folgenden ein Überblick über einige mögliche Anwendungsfälle:

 

  1. Big Data und Interoperabilität mit anderen Qualitätssicherungssystemen: Eine FMEA-KI kann effizient Daten mit anderen digitalen Systemen austauschen. Beispielsweise können Sensordaten oder Qualitätsberichte automatisiert ausgewertet werden und dieser Output dann bei der FMEA Erstellung oder Aktualisierung unterstützen.
  2. Vorschläge für potenzielle Fehlerfolgen und -Ursachen: Auf Grundlage vorher erstellter FMEAs kann KI potenzielle Fehlerfolgen bzw. -Ursachen identifizieren und während der Moderation vorschlagen.
  3. Vorschläge für risikomindernde Maßnahmen: Basierend auf vorherigen FMEAs kann KI Maßnahmen vorschlagen, um identifizierte Risiken zu reduzieren.
  4. Dokumentation und Berichterstellung: KI kann den Prozess der Dokumentation und Berichterstellung automatisieren, indem sie die Ergebnisse der FMEA in einem klaren und konsistenten Format zusammenfasst.